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Gleichtakt ist als Begriff im Alltag eher positiv besetzt. Wenn die Musiker im Orchester alle nach dem gleichen Takt spielen, dann klingt die Musik wohlgeordnet und angenehm. Warum ist das nun in der Signaltechnik etwas Schlechtes? Warum soll es unterdrückt werden?

In der Antennenanlage wollen wir ein Signal vom Sender zur Antenne bringen oder umgekehrt von der Antenne zum Empfänger. Damit das funktioniert, muss das Signal als Differenz übertragen werden, entweder im Koaxialkabel asymmetrisch als Differenz gegenüber der Masse oder mit der „Hühnerleiter“ symmetrisch als Differenz zwischen zwei gleichberechtigten Leitern. Ein Gleichtaktsignal ist hier eine Störung; ebenso eine sogenannte Mantelwelle auf dem Schirm einer asymmetrischen koaxialen Leitung.

Wir sollen diese also unterdrücken, damit sie das eigentliche Signal nicht stört. Beim Koaxialkabel haben wir es mit der Gleichtaktunterdrückung oder englisch common mode rejection CMR besonders einfach. Man kann entweder das Koaxialkabel wie eine Spule auf einen Ringkern wickeln oder kleine Ringkerne auf das Kabel auffädeln. Es müssen nicht mal besonders gute Materialien für den Kern sein, weil es hier vollkommen egal ist, ob wir eine reelle oder eine imaginäre Dämpfung erzielen. Nur zu warm darf das Material nicht werden. Denn wenn es die Curietemperatur überschreitet, hat es gar keine Wirkung mehr.

Ein anderer Aspekt ist dabei noch, wo wir diese Dämpfung entlang des Kabels einbauen. Besonders bei Antennen ohne Richtwirkung oder nur mit sehr wenig ist das Kabel dem elektromagnetischen Feld der Antenne ausgesetzt. Wir haben also eine Einkopplung unserer eigenen Sendeleistung auf die Schirmung des Kabels. Die Dämpfung dieser Mantelwelle muss also weiter von der Antenne entfernt erfolgen. Ein einfacher Trick ist bei geeignetem Aufbau, das Kabel im Erdboden zu verlegen. Solange der einigermaßen feucht ist, dringt zum einen das Feld von der Antenne nicht tief in den Boden ein und zum anderen sorgt besonders die Feuchtigkeit vom Boden für eine  gute Dämpfung der Mantelwellen.

Ein weiterer Aspekt sind stehende Wellen auf dem Schirm. Mit dem Ferritkern beeinflussen wir die magnetische Komponente der Mantelwelle. Diese wird vom Strom auf dem Schirm getragen. Wir erzielen also nur eine Wirkung an einem Strombauch. Nun könnte man annehmen, diese Strombäuche könnten ausgerechnet werden. Wir kennen den Verkürzungsfaktor des Kabels und unsere Wellenlänge. Das scheitert aber an zwei Dingen: Zum einen ist der Verkürzungsfaktor nicht der des Dielektrikums des Kabels, denn das ist hier überhaupt nicht wirksam. Das Feld der Mantelwelle ist auf der Außenseite des Kabels und die dielektrischen Eigenschaften der Umgebung sind kaum zu erfassen. Und die Kabelführung ist meist nicht gerade und die Feldverläufe daher sehr kompliziert und rechnerisch kaum zu beschreiben.

Wir kommen also kaum um eine Messung herum. Als Messadapter kann ein Klappferrit dienen, der um das Kabel gelegt wird. Die Auskopplung erfolgt über wenige Windungen Draht, die auf den Eingang eines portablen VNA gelegt werden. Wenn der VNA auch einen Signalausgang hat, nutzt man diesen, um das zu messende Kabel zu speisen. Die gemessene Unterdrückung relativ zum eigentlichen Signal wird common mode rejection ratio CMRR genannt.

Ein anderer Aspekt sind dann noch verschiedene Betriebsfrequenzen. Viele Antennenanlagen und Kabel werden für mehrere Bänder genutzt. Wenn das Gewicht und die Kosten nicht dagegen sprechen, baut man mehrere Mantelwellensperren ein. Man muss sich dabei im Klaren sein, dass die nicht alle immer gleichzeitig wirksam sind, man also für die Dämpfung nicht auf die Summe hoffen darf.

Man könnte befürchten, dass die Mantelwellensperre selbst nach dem Einbau die Messung wieder zunichte macht, weil sie ja die Kabellänge ändert. Das ist zum Glück ein eher ungeordneter Effekt, weil die Mantelwellensperre als konzentriertes Bauteil die elektrische Länge des Aufbaus relativ zur Wellenlänge kaum ändert. Und die elektrische Länge ist hier die entscheidende Größe.

Spannend ist dabei noch die Beobachtung, dass die Mantelwellen auch beim Empfang stören. Oder anders gesagt: Eine erfolgreiche Mantelwellenunterdrückung verbessert auch den Empfang.

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