Betrachtet man eine einlagige Spule und möchte die Länge des Drahtes L vorher bestimmen, so wird man wohl erst mal grob abschätzen, dass das etwa Umfang des Kerns mal Anzahl der Windungen sein wird. Näherungsweise stimmt das. Eine erste Verbesserung ist, dass man einbezieht, dass die Länge der Spule zur Drahtlänge hinzukommt.
Weitere Korrekturen dieser Näherung sind sinnvoll: Es gilt nicht der Umfang des Kerns, sondern der um den Drahtdurchmesser d vergrößerte Umfang U. Der Drahtdurchmesser muss mit der Isolierung gemessen werden. Hier ergibt sich eine kleine Unwägbarkeit: Je nachdem wie sich die Festigkeit des Materials beim Biegen auswirkt, wird die innere Seite etwas gestaucht und die äußere gestreckt. Die Mitte anzunehmen, ist eine brauchbare Schätzung. Und da das über den Durchmesser des gesamten Aufbaus zweimal geschieht, gewissermaßen einmal rechts und links, kommt einfach der Drahtdurchmesser d dazu.
In der Grafik links sind drei Windungen in verschiedenen Farben eingezeichnet, damit man sie besser unterscheiden kann.
$$ U = \pi (D + d) $$
Nun rechnet man den Abstand s der Windungen aus der Gesamtlänge M der Spule und der Anzahl der Windungen n aus.
$$ s = M / n $$
Dann kann man eine Windung „in Gedanken“ abwickeln und „flach“ betrachten. Man sieht, dass sich hier ein Steigungsdreieck ergibt. Der Draht ist die Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks. Man wendet also den Satz des Pythagoras an und erhält für die benötigte Drahtlänge L:
$$ L = n \sqrt { U^2 + s^2} $$
Ein Anwendungsfall ist, wenn man die eine Zuleitung auf einen Mast um den Mast wickeln möchte, um die Last etwas zu verteilen.
Zieht man die Windungszahl in die Wurzel mit rein, kann man die Gleichung umformen und sieht, dass die Drahtlänge wie zu erwarten bei Windungszahl 0 (also Kabel gerade am Mast geführt) eben genau die Mastlänge M ist. Und umgekehrt spielt M eine untergeordnete Rolle, wenn die Windungszahl n sehr hoch ist.
$$ L = \sqrt { n^2 U^2 + M^2} $$
Darüber, welche Auswirkungen die Geometrie einer Spule auf ihre elektrischen Daten hat, kann man bei DL4NO etwas lesen.
Beispiel
Auf einem Mast mit Länge M = 8 m und Durchmesser D = 5 cm soll ein Zuleitungskabel mit d = 1 cm Durchmesser mit n = 10 Windungen verteilt werden:
U = 19 cm
s = 80 cm
L = 822 cm
Bezogen auf die Länge des Masts benötigt man also zusätzliche 22 cm Kabel.
Bei so einem Fall hätte man bei oben erwähnter Näherung den stärksten Fehler. Umfang U mal Windungszahl n ergibt 190 cm, die mit der Näherung dazu kämen. Der Pythagoras berechnet uns sozusagen die Verkürzung der Hypotenuse gegenüber der Summe der Katheten.
Biegeradius
Betrachtet man oben die Länge L für genau eine Windung, also n = 1, so erhält man den Umfang, den das Kabel bei einer Windung effektiv “sieht”. In den technischen Daten von Kabel findet man typischerweise einen minimalen Biegeradius. Bei RG213 beträgt er 5 cm, was einem effektiven Kabel-Umfang von Uk = 32 cm entspricht. Wir können nun rückwärts ausrechnen, wie groß unser Windungsabstand s minimal sein muss, um unser Kabel nicht mechanisch zu überlasten.
$$ s_{min} =\sqrt{ U_k^2 \ − \ U^2 } $$
Für ein Kabel mit 1 cm Durchmesser und dem Biegeradius wie RG213 erhalten wir für unseren 5 cm-Mast einen minimalen Windungsabstand von 26 cm. Wir sind also mit unseren 80 cm großzügig auf der sicheren Seite.