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Die Feldstärke, meist die elektrische, interessiert uns primär wegen der Selbsterklärung zur funktechnischen Betriebssicherheit. Wie wir aus der Freiraumdämpfung schon wissen, nimmt die Leistungsdichte mit der Entfernung quadratisch ab. Wir können die Gleichung nun so umformen, dass wir nicht die Dämpfung betrachten, sondern die absolute Leistungsdichte S am Empfangsort in Abhängigkeit von der Sendeleistung P.  Diese Leistungsdichte ist unabhängig von der Wellenlänge, weil hier die Größe der Empfangsantenne nicht eingeht. Dazu kommt noch der Gewinnfaktor Gi der Sendeantenne.

Wichtig ist zu beachten, dass hier der Gewinnfaktor Gi und nicht einfach der Gewinn in dBi benutzt werden muss.

$$ G_i = 10^{dBi/10} $$

Die Sendeleistung P und den isotropen Gewinnfaktor $ G_i $ fassen wir zur äquivalenten Strahlungsleistung EIRP zusammen:

$$ EIRP = P G_i $$

Diese EIRP gibt an, wie viel Sendeleistung man auf einen isotropen Strahler geben müsste, um in Hauptstrahlrichtung der Antenne die gleiche Feldstärke zu erzeugen.

Eigentlich sollte man das EIRP besser mit einem Index schreiben, also beispielsweise $P_{EIR}$, damit klar wird, dass das eine Leistung ist und kein Produkt von vier Größe E, I, R und P ist. Aber da sich das EIRP so durchgesetzt hat, wird es hier auch so benutzt.

Die Leistungsdichte S ergibt sich dann mit Entfernung vom Sender r zu:

$$ S = { EIRP \over  {4 \pi r^2} } $$

Die Leistungsdichte beschreibt, wie viel Leistung pro Fläche auf einer gedachten Kugel um den Sender mit Radius r hindurchfließt. Betrachtet man dazu auch die Richtung, in der das geschieht, so ergibt sich der Poynting-Vektor. Wir gehen hier davon aus, dass die Ausbreitungsrichtung immer senkrecht auf der Oberfläche der Kugel steht. Dies gilt zumindest im Fernfeld.

Die Leistungsdichte ist entsprechend dem Leistungsgesetz das Produkt aus elektrischer Feldstärke E und der magnetischen Feldstärke H.

$$ S = E H $$

Der Wellenwiderstand $Z_0$ im Vakuum und näherungsweise auch in Luft beträgt:

$$Z_0 = \sqrt { \mu_o / \epsilon_0 } \approx 377 \Omega$$

Und entsprechend dem Ohm’schen Gesetz ist er das Verhältnis von elektrischem zu magnetischem Feld:

$$Z_0 = E/H $$

Weil die für uns relevanten Grenzwerte für E angegeben werden, betrachten wir also auch nur E.  Dazu die beiden Gleichungen für S gleichsetzen und die vom Wellenwiderstand nach H auflösen, das H damit ersetzen, nach E auflösen und erhält so schließlich:

$$\begin{align}
E &=  \sqrt {377 \Omega \, EIRP  \over 4 \pi r^2 } \newline
\newline
&\approx { \sqrt {30 \Omega \, EIRP }  \over r } \newline
\newline
&\approx { 5{,}5 \; \sqrt { \Omega \, EIRP } \over r }
\end{align}$$

Das einsame $\Omega$ in der dritten Zeile sieht etwas merkwürdig aus und wird in den meisten Formelsammlungen auch einfach weggelassen. Korrekterweise sollte es aber in der Formel stehen bleiben, weil sonst die Einheiten nicht stimmen; auch wenn es bei der Berechnung der Zahlenwerte natürlich nicht beachtet werden muss.

Während die Leistungsdichte quadratisch mit dem Abstand sinkt, fallen die Feldstärken nur linear ab, weil die Leistungsdichte das Produkt aus der elektrischen und magnetischen Feldstärke ist. Um sich das klar zu machen, schaut man sich die Einheiten von $ S = E \, H $ an:

$$  W  /  m^2 =  V/m \, * \,  A/m $$

In älterer Literatur werden die $377 \Omega$ durch $2 \pi \, 60 \Omega$ hergeleitet, sodass im nächsten Schritt die $30 \Omega$ sogar exakt sind. Das passt nicht nur zufällig, sondern war bis zu einer der neueren Detailveränderungen an unserem Einheitensystem wirklich exakt richtig.

Erklärenden Grafiken dazu gibt es beispielsweise bei Moltrecht.

In der Literatur findet sich teilweise auch ein Wert von 49 statt 30, bzw. 7 statt 5,5 aus der Wurzel gezogen. Diese Werte gelten, wenn der Gewinn der Antenne über dem Dipol, also in Gd bzw. dBd benutzt werden. Der Gewinn des Dipols ist dann also schon mit eingerechnet.

Anwendung

Für die Praxis gelten Grenzwerte für die Feldstärke, die einzuhalten sind. Von 10 bis 400 MHz gelten pauschal Emax = 28V/m. Nehmen wir einen Sender mit einer Leistung von 10W an einer Antenne ohne Gewinn, also 0dBi bzw einem Gi von 1 an.

$$ r = {1 \over 28 V/m} \sqrt {30 \Omega * 10 W} \approx 0{,}7m$$

D. h. mit unter 1 m Sicherheitsabstand muss ich mich bei 10W in unmittelbarer Nähe der Antenne befinden, um den Grenzwert zu überschreiten. Man geht davon aus, dass der Betreiber der Sendeanlage diesen Abstand sicher unter Kontrolle hat. Deshalb braucht eine Anlage von 10W Strahlungsleistung keine Selbsterklärung.

Interessant ist dabei noch der Aspekt, dass ich mich mit einem Handfunkgerät in einem Bereich befinde, in dem die Grenzwerte überschritten werden. Dadurch kann man sich umgekehrt auch klarmachen, dass es bei diesen Grenzwerten nicht darum geht, dass es beim Überschreiten automatisch gefährlich oder schädlich wird. Wichtig ist nur, dass der Bereich „unter Kontrolle“ sein muss, sodass auf eine Auswirkung gegebenenfalls unmittelbar reagiert werden kann.

Diese Grenzwerte gelten über 6 Minuten gemittelt, wobei davon ausgegangen wird, dass in dieser Zeit durchgehend gesendet wird. Die Pausen, die sich durch den Simplex-Betrieb aus dem QSO ergeben, zählen also nicht. Aber es ergibt sich je nach Betriebsart noch ein Reduzierungsfaktor. Bei allen Betriebsarten, bei denen die Nennleistung durchgehend abgestrahlt wird, ist dieser Faktor 1. Das betrifft z.B. FM oder RTTY. Aber bei CW ergibt sich durch die Tastpausen ein Faktor von ca. 1/4 und bei SSB durch die Sprachmodulation sogar von nur 1/6.

Dieser Aspekt wird im Fragenkatalog bzw. bei Moltrecht weiter hinten beim Personenschutz behandelt.

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Kategorien: Technik