Was ist Notfunk? Was braucht man dafür? Was muss man dafür können? Wer macht Notfunk? Ist man dazu verpflichtet? Rund um Notfunk gibt es viele Diskussionen und Ansätze für die praktische Umsetzung. Hier liste ich einige Aspekte auf, um in das Thema hineinzukommen.
Das Amateurfunkgesetz schreibt dazu:
Amateurfunkdienst [ist] ein Funkdienst, der von Funkamateuren untereinander … zur Unterstützung von Hilfsaktionen in Not- und Katastrophenfällen wahrgenommen wird … .
Unabhängig von der allgemeinen Verpflichtung eines jeden Menschen zur Hilfeleistung nach StGB § 323c ist der Amateurfunkdienst also berechtigt, seine Möglichkeiten zur Hilfe einzusetzen. Das Funken selbst wird dabei kaum die eigentliche Hilfeleistung sein. Ein Funkdienst kann Kommunikation ermöglichen. Eine Kommunikation hat üblicherweise eine Quelle und ein Ziel. Als Erstes sollte man also beim Erarbeiten eines Konzepts für den Notfunk überlegen, welche Seite abgedeckt sein soll:
- Ich möchte bei der Notlage anderer bereit sein, um einen Notruf zu empfangen und an Hilfskräfte weiterzuleiten. Das ist im Wesentlichen eine Frage der Betriebstechnik. Wie bekomme ich etwas von der Notlage mit? Kenne ich meine Ansprechpartner und deren Kommunikationswege? Bin ich vertraut mit deren Kommunikationsart?
- Ich möchte bereit sein, um in einem Bereich mit einer Notlage die Kommunikation sicherzustellen. Geht es mir dabei hauptsächlich darum, die Kommunikation innerhalb des Bereichs zu gewährleisten oder soll es die Kommunikation nach außen sein?
Punkt 1 kann ein Funkamateur gut alleine leisten, indem er sich mit den richtigen Leuten vernetzt und mit diesen übt. Das muss nicht Bestandteil eines regionalen Konzepts sein. Betrachtet man unsere Situation in Mitteleuropa, so stehen hier viele (semi-) professionelle Hilfskräfte bereit, die von außen helfen können. Ein Notfunkkonzept, welches im kleinen Rahmen der Funkamateure einer Region geleistet werden kann, ist wohl die Kommunikation innerhalb der Region.
Gerade wenn man sich nicht “hauptamtlich” mit der Notfallkommunikation beschäftigen will oder kann, ist es hilfreich, den Kontakt zu den regionalen Hilfskräften, Organisationen und Institutionen zu halten. Wie ticken die anderen? Was können wir von denen lernen? Wo können wir denen helfen? Das geht am besten in der Region, wo man die Leute kennt und miteinander lebt. Vielleicht arbeitet der eine oder Funkamateur bei THW, Feuerwehr, als Sanitäter oder DLRG und kann den Kontakt herstellen. Die meisten Hilfskräfte sind für ihre eigenen Zwecke funktechnisch gut aufgestellt. Da kann man als Funkamateur sicher etwas lernen, wie man im Einsatzfall effektiv funkt. Behörden und andere Institutionen dagegen arbeiten im Alltag mit Internet und Telefon. Hier wird für den Notfall eine ganz andere Kommunikation genutzt. Vermutlich haben nicht mal alle Gemeinden so ein Alternativ-Konzept für die Kommunikation. Hier können wir Lücken schließen.
Wichtig im regionalen Notfunkkonzept ist auch, sich zu überlegen, was in der Region typisch ist. Gibt es Berghänge, die abrutschen können, gibt es Gewässer, die zur Gefahr werden können, gibt es Bergbau oder Erdbeben, stellen spezielle Industriebetriebe eine Gefahr dar? Jede Region hat ihre Besonderheiten, mit ihren speziellen Gefahren, die eine Notlage bewirken können. Und dabei immer daran denken: Für die meisten Einzelfälle gibt es schon Spezialisten, die sich auch auf Notlagen vorbereiten. Den Profis ihre Arbeit zu erklären, ist nicht sinnvoll. Hilfsbereit und kompetent zu sein, sollte das Ziel sein.
Wie schon zu Beginn gesagt, geht es im Wesentlichen darum, Kommunikation herzustellen. Umgekehrt heißt das, wir können sinnvoll helfen, wenn diese ausgefallen ist. Ein Unglück kommt aber selten alleine. Verbindungswege können ausgefallen sein, je nach Ursache auch großräumig. Es ist also sinnvoll, das benötigte Equipment zu Hause zu haben. Eine Notfunkausrüstung im zentralen Clubheim nutzt nichts, wenn man nicht mehr dort hinkommt. Aus dem gleichen Grund sollte das Notfallkonzept auch das regelmäßige Üben der Betriebstechnik beinhalten. Ein Rettungsplan, der voraussetzt, dass man sich zur Lagebesprechung trifft und erst noch mal definieren muss, was nun zu tun ist, bringt wenig, wenn man nicht mehr zusammenkommen kann.
Ein typischer Grund für den Ausfall von Kommunikation ist natürlich der Stromausfall. Ein Notfallkonzept sollte also beinhalten, dass man auch ohne Stromnetz einsatzfähig bleibt. Die Anlage sollte aus Akkus funktionieren und diese sollten auch wieder ohne Netz geladen werden können. Früher dienten dafür oft Generatoren mit Verbrennermotor. Die brauchen aber wieder Treibstoff, der nicht endlos lagerfähig ist. Man muss regelmäßig das Kraftstoffsystem reinigen und den Kraftstoff ersetzen. Ein moderneres Konzept sind Solarzellen. Hier muss zum Einsatzplan gehören, dass man sich am Sonnenschein orientiert. Da die Sonne nicht ständig scheint, braucht die Anlage auch genug Kapazität und Puffer, um den Betrieb über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten. Es ist auch sinnvoll, dafür zu sorgen, dass die Energiesysteme kompatibel sind. So können Komponenten getauscht werden und man kann im Notfall auch fremde Energiequellen nutzen. Im einfachsten Fall erreicht man das durch eine Vielfalt von Adaptern. Ein Pkw ist sicher kein perfekter Stromgenerator. Aber im Notfall sollte man auch darauf vorbereitet sein, von dort seine Energie zu beziehen. Zum Energiemanagement gehört auch Sparsamkeit und Funkdisziplin. Es sollte klar sein, dass im Notfall die Funkanlage nicht für Smalltalk genutzt wird.
Auch wenn der Hauptaspekt des Notfunks ist, die Kommunikation sicherzustellen, sollte man auch aus eigenem Interesse die anderen Aspekte nicht vergessen. Man muss kein “Prepper” sein und sich einbilden, sich auf alle Notfälle bis hin zur Zombieapokalypse vorbereiten zu können. Aber in einem Notfall kann auch die Wasserversorgung ausfallen. Immer einen Vorrat an einfachem Tafelwasser in Glasflaschen zu haben ist sinnvoll und ebenso Lebensmittel in Dosen, um ein paar Tage auch ohne Supermarkt überstehen zu können.
Je nach Art des Notfalls kann es nötig sein, die Funkstation nicht vom Shack aus zu betreiben. Eine gewisse “Fieldday-Tauglichkeit” der Funkanlage ist also sinnvoll. Im einfachsten Fall reichen Handfunkgeräte, wenn deren Reichweite gut genug ist. Hier ist eine Erprobung und eine Sicherheit im Umgang mit der Technik wichtig. Im Einsatzfall ist es für alle Beteiligten sehr frustrierend und auch gefährlich, wenn die Technik nicht beherrscht wird.
Welche Art von Kommunikation können wir konkret anbieten? Auch wenn das Sprichwort sagt “Not kennt kein Gebot” sollte man zumindest versuchen, sich an die Regeln zu halten. Eine Regel ist, dass wir als Funkamateure nur untereinander funken dürfen. Das klingt erst mal wie eine Einschränkung. Aber es stellt auch sicher, dass die Betriebstechnik der eigentlichen Funkstrecke uns geläufig ist. Es wäre eine zusätzliche Hürde, wenn man in der Stresssituation des Notfunks auch noch die Betriebstechnik eines anderen Dienstes beherrschen müsste.
Ein anderer Aspekt ist, dass der genaue Ort, von dem aus gefunkt werden kann, nicht dort ist, wo die Kommunikation stattfindet. Unser Notfunk ist dann nur eine von vielen Meldestrecken, über die sogenannte Telegramme weitergeleitet werden. Das bedeutet zum einen, man muss wissen, wie diese Telegramme funktionieren, und ich muss bereit sein, diese Telegramme von anderen Meldestrecken entgegenzunehmen und korrekt zu bearbeiten.
Unabhängig davon, wie am Ende das eigene Notfunkkonzept aussieht, ist es wichtig, die anderen Konzepte zu akzeptieren. Viele Leute machen sich engagierte Gedanken, wie denn nun DAS RICHTIGE Notfunkkonzept aussieht, und verlieren sich in Diskussionen und schlimmerem. Es muss funktionieren und sich in Übungen und in der Praxis bewähren. Ein gelebtes Konzept ist besser als die Suche nach der Perfektion.