Unsere Funkfreunde von dem Experiment mit der Freiraumdämpfung wollen ihre Ergebnisse im 2m-Band verifizieren. Und sie kommen zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass die Dämpfung dort messbar höher ist. Was ändert sich wenn die Frequenz niedriger, die Wellenlänge also höher ist?
Wir nennen die Ausbreitung hoher Frequenzen quasi-optisch. Damit ist einfach gesagt gemeint, dass die Funkverbindung wie eine Sichtverbindung funktioniert. Wenn wir für die genauere Betrachtung die geometrische Optik nutzen, kommen wir dem Geheimnis nicht auf die Spur. Denn wir haben es hier mit Wellen zu tun und die geometrische Optik ist eine stark vereinfachte Betrachtungsweise.
Christiaan Huygens entdeckte, dass sich solche Wellen viel genauer beschreiben lassen, wenn man davon ausgeht, dass eine Wellenfront aus unendlich vielen punktförmigen Quellen entsteht. Und das gilt für jeden Punkt auch im Umfeld der Welle. Die Phasenbeziehungen zwischen diesen punktförmigen Quellen bewirkt nun genau, dass sich am Ende wieder genau die erwartete Wellenfront ergibt.
Aber es bedeutet auch, dass sich solch eine Welle eben nicht nur exakt auf der „Sichtlinie“ bewegt, sondern dass sie im Umfeld mehr Platz benötigt, um sich ausbreiten zu können. Augustin Jean Fresnel hat das genauer beschrieben und als wichtiges Ergebnis ist für uns dabei herausgekommen, dass eine Funkverbindung in der sogenannten Fresnelzone frei von Hindernissen sein sollte. Diese Zone ist ein sogenannter Rotations-Ellipsoid, den man sich in der Form wie eine dicke Zigarre vorstellen kann.
An den Enden in den mathematischen Brennpunkten der Ellipse sitzen Sender und Empfänger im Abstand D, woraus dann auch deutlich wird, dass eine Antenne auch „hinter sich“ ein wenig Freiraum haben sollte. Der dickste Radius bmax der Ellipse gibt die Höhe an, die unter der Sichtlinie noch frei sein sollte. Er berechnet sich mit Wellenlänge $\lambda$ zu:
$$b_{max} = \frac { \sqrt{\lambda D} }{2 }$$
Das ergibt sich aus dem maximalen Umweg, den eine Welle zwischen Sender und Empfänger machen darf, um noch einen konstruktiven Beitrag zum Signal zu leisten. Das ist die halbe Wellenlänge. Wir haben also einen Abstand D und dazwischen einen gewissen Freiraum an Weglänge . Das können wir uns vorstellen wie ein loses Seil zwischen Sender und Empfänger. Alle Punkte, die man nun durch Spannen des Seils erreichen kann, gehören zur ersten Fresnelzone. Und das ist genau eine mögliche Definition einer Ellipse. Eine Herleitung obiger Formel gibt es hier von DL4SDC.
Neben der Dicke ist noch der Freiraum hinter der Antenne interessant. Die Welle muss es anschaulich gesagt im Raum hinter der Antenne hin und zurück in der halben Wellenlänge schaffen. Das heißt: Der Freiraum, der hinter der Antenne zur ersten Fresnelzone gehört, ist ein Viertel der Wellenlänge.
Das bedeutet, dass auf 70cm eine Anhöhe zwischen den beiden Gipfeln 30m unter der Sichtlinie noch nicht gestört hat. Auf 2m benötigen wir jedoch eine $\pm 50 m$ dicke Fresnelzone und die Anhöhe dämpft die Ausbreitung deutlich. Bei sichtbarem Licht haben wir Wellenlängen im Bereich von einigen 100nm. Damit wird die Fresnelzone nur noch mm dick. Das ist der Grund, warum wir z.B. bei Laserlinks diese Fresnelzone nicht beachten müssen.
Besonders interessant ist auch die umgekehrte Betrachtung: Für optimale Übertragung sollte besonders die erste Fresnelzone also frei sein. Aber umgekehrt bedeutet das: Auch wenn nicht mal die Sichtlinie frei ist, kommt trotzdem noch ein Teil des Signals an; und das sogar ganz ohne Reflexionen.
Bei der Berechnung von Linkstrecken im Hamnet ist die Fresnelzone eine wichtige Grundlage. Besonders auch, weil bei großen Entfernungen zudem die Erdkrümmung berücksichtigt werden muss. Die Fresnelzone ist auch einer der Gründe, warum man bei solchen Linkstrecken gern hohe Frequenzen benutzt.
Die höheren Fresnelzonen bestehen nun aus Ellipsen, bei denen der maximale Umweg ein ungeradzahliges Vielfaches der halben Wellenlänge beträgt. Man muss aber dabei beachten, dass gleichermaßen dazwischen immer auch ein destruktiver Beitrag mit den geradzahligen Vielfachen liegt. Hier in der Grafik ist der Umweg als Schwingung über den Ort, also auf der Wellenlänge aufgetragen. Alle Umwege, die im positiven, blauen Bereich liegen, sind konstruktiv. Alle im negativen, roten Bereich sind destruktiv, senken also die übertragende Energie. Die Ellipsen der Fresnelzonen legen sich anschaulich wie Hüllen um die direkte Verbindungslinie.
Man könnte also theoretisch die Übertragung sogar verbessern, wenn es gelänge nur die destruktiven Beiträge zu eliminieren. Für Funkwellen ist das leider nicht praktikabel. Wir sind im allgemeinen zufrieden damit, dass in der ersten Fresnelzone bei Weitem die meiste Energie übertragen wird, sodass wir die höheren und die destruktiven Anteile nicht betrachten müssen.
Hier noch ein kleines Programm in Gnuplot, mit dem man sich selbst die Fresnelkurven darstellen kann:
# Gnuplot-Programm zur grafischen Darstellung von Fresnelzonen # Distanz D=500.0 # Wellenlänge la=10.0 #Zonen z=5.0 brange = 2.0 * sqrt(la*D) set parametric set scale -1 set xrange [-(D+z*la)/2.0:(D+z*la)/2.0] set yrange [-brange:brange] clear set multiplot e=D/2.0 do for [f=z:0.0:-2.0]{ u=f*la/2.0 a=e+u/2.0 b=sqrt(a*a-e*e) plot [0:2*pi] a*cos(t), b*sin(t) with filledcurve lt rgb "blue" u=(f-1.0)*la/2.0 a=e+u/2.0 b=sqrt(a*a-e*e) plot [0:2*pi] a*cos(t), b*sin(t) with filledcurve lt rgb "red" }