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Eine Antenne, die eine um die y-Achse gedrehte Parabel, also einen sogenannten Paraboloiden, als Form hat, nennt man Parabolantenne. Leiten wir uns zuerst mal ein paar mathematische Grundlagen dazu her.

Die Mitternachtsformel kennt wohl jeder aus der Schule. Als Erstes noch mal zur Erinnerung, wozu sie überhaupt gut ist. Sie gibt die Nullstellen eines Polynoms zweiter Ordnung an. Nullstellen sind gut zu wissen, um einen Kurvenverlauf zu charakterisieren. Und Polynome zweiter Ordnung begegnen uns häufig, wenn eine lineare Gleichung das gegebene Problem einfach nicht genau genug beschreibt. Nach Taylor lassen sich Kurvenverläufe immer genauer beschreiben, je höhere Polynom-Terme man hinzunimmt. Das haben wir z.B. beim Eichmarkengeber so gemacht, wo uns aber der lineare Term schon gereicht hat. Beim Temperaturgang eines Quarzes kann es sinnvoll sein, ihn genauer zu beschreiben, um z.B. den Punkt zu finden, wo er für die Schaltung die günstigsten Parameter hat. Außerdem sind Nullstellen nützlich, um die Gleichung in Form von linearen Termen aufzuschreiben.

Also schreiben wir die Gleichung erst mal auf:

$$ y = a x^2 + b x + c    \ \ \ \ \  \big| \   y == 0$$

Nun das y gleich Null setzen, weil wir ja die Nullstellen suchen.

$$ a x^2 + b x + c = 0 \ \ \ \ \  \big| \ /a $$

Als Erstes entledigen wir uns des a in dem wir dadurch teilen. Dabei geben wir dem linearen und konstanten Term auch neue Namen. Daher kommt auch der verbreitete Name „pq-Formel“:

$$ p=b/a $$

$$ q=c/a $$

$$ x^2 + p x + q = 0 \ \ \ \ \  \big| \   -q $$

Hier wenden wir einen kleinen Trick an. Bisher haben wir die Methoden der Algebra genutzt, um die Gleichung umzustellen. Nun wechseln wir in die Geometrie. Produkte lassen sich auch gut als Rechtecke darstellen. Und Quadrate in der Algebra sind eben Quadrate in der Geometrie. In der Schreibweise als Formel bringen wir dazu das q auf die andere Seite. Die linke Seite wird also geometrisch zu einem Quadrat mit Kantenlänge x und einem Rechteck mit Kantenlängen x und p.

$$ x^2 + p x = -q $$

Es ist gut schon das Ziel bzw. das Ergebnis zu kennen. Was wir am Ende erreichen wollen, ist auf der linken Seite ein einfaches Quadrat und auf der rechten Seite ein Term, der nur aus Konstanten besteht, also kein x enthält. Das Verfahren dazu nennt sich Quadratische Ergänzung. Wir müssen also das vorhandene Quadrat und das Rechteck so ergänzen, dass sich ein neues Quadrat ergibt, sodass die Ergänzung selbst kein x enthält. Denn genau diese Ergänzung müssen wir natürlich auf der rechten Seite beim q auch machen und da soll ja kein x hin.

Wir sehen schon mal, dass das Rechteck mit einer Kante genau an das Quadrat passt. Wenn wir das aber zum Quadrat ergänzen wollten, benötigten wir ein Rechteck mit Kantenlängen p und x+p. Das ist also schlecht, eben weil es wieder ein x enthält. Eine andere Idee ist, das Rechteck auf der Kante mit p zu halbieren. Wir bekommen zwei Rechtecke, die immer noch eine Kante x haben und nun die andere Kante p/2.

Parabolantenne

Eins davon drehen wir und legen es an die obere Kante vom Quadrat. Die Ergänzung, die noch nötig ist, ist ein Quadrat mit Kantenlänge p/2. Das enthält kein x, ist also geeignet.

Die Geometrie hat uns also diese Teilaufgabe wie gewünscht gelöst und wir wechseln wieder zurück zur Algebra. Auf der linken Seite haben wir das neue Quadrat mit Kantenlänge x+p/2 und auf der rechten Seite das -q ergänzt um das kleine hinzugenommene Quadrat mit Kantenlänge p/2:

$$ (x + p/2) ^2 = (p/2)^2 – q $$

Nun also daraus die Wurzel ziehen und den konstanten Term p/2 auf die rechte Seite und wir haben das x wie gewünscht allein auf der linken Seite stehen:

$$ x = -p/2 \pm \sqrt { (p/2)^2 – q } $$

Da haben wir also unsere bekannte Mitternachts- oder pq-Formel. Schaut man sich die Formel für reelle p und q an, so sieht man, dass das Ergebnis komplex wird, wenn der konstante Term q groß ist. Und man sieht, dass die Lösung nur dann rein imaginär sein kann, wenn der lineare Term 0 ist. Wenn p und q selbst schon komplex sind, wird es … komplexer 😜.

Was das dann jeweils für die praktische Lösung bedeutet, ergibt sich aus der Aufgabe. Wer mag, kann nun noch p und q wieder durch a, b und c ersetzen und erhält die lange ausführliche Version.

Es gibt solche Formeln auch für höhere Polynome. Diese sind aber schwer zu handhaben. Hier ein Video, welches diese versucht zu erklären und auch auf Schwierigkeiten dabei eingeht:

Youtube Mathologer

Hier noch ein konkretes Beispiel:

$$ y = 2x^2 + 10x +12 \, \mid y=0 \, , \, /2 $$

$$ x^2 + 5x + 6 = 0 $$

Das zu ergänzende rote Quadrat hat hier also die Kantenlänge 5/2 = 2,5 . Das zum Quadrat ist 6,25 . Das ist größer als unser q von 6. Damit sind die Lösungen also reell.

$$ x = -2{,}5 \pm \sqrt { 2{,}5^2 – 6 } = -2{,}5 \pm \sqrt { 0{,}25 } = -2{,}5 \pm 0{,}5 $$

$$x_1 = -2 \, , \, x_2 = -3 $$

Diese gefundenen Nullstellen lassen sich nutzen, um obige Gleichung anders zu schreiben. Wichtig ist, das a als Faktor wieder reinzunehmen. Das durften wir bei der Suche nach den Nullstellen nur dividieren, eben weil die rechte Seite schon Null war.

$$ y = 2 (x+2) (x+3) $$

Diese Schreibweise hebt also genau die Nullstellen hervor. Dass das wirklich das Gleiche ergibt, prüft man einfach durch Ausmultiplizieren. Diese Schreibweise ist auch nützlich, wenn man noch nicht alle Nullstellen kennt. Mit jeder gefundenen Nullstelle reduziert sich der Grad des Polynoms um eins mithilfe der Polynom-Division und es lässt sich ggf. leichter lösen. Beim Finden von Nullstellen ist geschicktes „Raten“ bzw. Ausprobieren eine zulässige Möglichkeit. Aber wie so oft wird man heutzutage der Bequemlichkeit halber ein Algebra-System nutzen.

Die Schreibweise mit den Nullstellen bedeutet übrigens umgekehrt, dass ein Polynom über seine Nullstellen definiert ist. Was das nun wieder für die beliebte „logische“ Fortsetzung einer Folge von Zahlen bedeutet, kann sich jeder selbst überlegen 😉.

Scheitelpunktform

Mithilfe der quadratischen Ergänzung kann man sich auch noch weitere nützliche Schreibweise für die quadratische Gleichung herleiten. Gehen wir hier den Weg über die Algebra und nutzen die binomischen Formeln.

$$ y = a x^2 + b x + c $$

Das sieht schon fast wie eine binomische Formel aus. Zuerst klammern wir das a aus den ersten beiden Termen links aus. Das erleichtert uns die binomische Umformung.

$$ y = a (x^2 + {b \over a} x) + c $$

Den Term in Klammern formen wir binomisch um. Der dadurch hinzu gewonnene konstante Term wird zum Ausgleich wieder abgezogen.

$$ y = a (x + {b \over 2a})^2 – {b^2 \over 4a} + c $$

Wir bringen den konstanten Term auf die andere Seite.

$$ y + {b^2 \over 4a} – c = a (x + {b \over 2a} )^2 $$

Diese Darstellung beschreibt die Lage und Form der Parabel: Der Scheitelpunkt ist gegenüber dem Nullpunkt um $ {b^2 \over 4a} – c $ nach unten und um $ {b \over 2a} $ nach links verschoben und sie ist um a schlanker als die Normalparabel $ y = x^2 $.

Unser Beispiel hat also ihren Scheitelpunkt bei:

$$ x = − 10 / (2*2) = −2{,}5$$

$$ y = – (10^2 / (4*2) − 12) = −0{,}5 $$

Dass der Scheitelpunkt genau zwischen den Nullstellen liegen muss, ist vielleicht schon rein anschaulich klar. Man kann es auch ausrechnen. Die Mitte von zwei bedeutet den Durchschnitt, also die Summe geteilt durch zwei. Wegen des +/- fällt der Wurzel-Term bei den Nullstellen bei der Summe heraus. Übrig bleibt also 2 * p/2 = p. Davon die Hälfte und wieder das a eingesetzt, ergibt sich ${b \over 2a}$ .

Y-Achsen-Abschnitt

Die Y-Achse wird von der Parabel genau beim konstanten Term c durchschritten, ganz einfach, weil hier x=0 ist und die anderen beiden Terme wegfallen. Klammert man ax aus diesen beiden Termen aus, bekommt man noch einen markanten Punkt, der dann genau am Scheitelpunkt gespiegelt auch y=c ergibt:

$$ y= ax^2 + bx +c $$

$$ y = ax ( x +b/a) +c $$

Für x = -b/a ergeben also die vorderen beiden Terme auch 0 und wir erhalten einen weiteren markanten Punkt der Parabel: y(-b/a) = c .

Die Antenne

Kommen wir nun also zur Antenne. Bei der Parabolantenne wird die Eigenschaft der Parabel genutzt, dass Strahlen, die parallel auf die Innenfläche des Paraboloiden treffen, sich nach der Reflexion an einem Punkt treffen. Dieser Punkt wird Brennpunkt F genannt.

Man könnte sich noch fragen, wieso die vertraute Form der Normalparabel eher an ein tiefes Gefäß wie eine Vase erinnert, während eine typische Parabolantenne eher wie eine flache Schüssel aussieht. Das liegt daran, dass wir in der Schule uns meist eher den Kurvenverlauf für große Werte von x ansehen, wo dann y eben den typischen steilen quadratischen Verlauf hat. Parabolantennen nutzen dagegen überwiegend die x-Werte kleiner als eins. Und hier zeigt die Parabel eben genau diesen flachen Verlauf, den wir von den Antennen kennen.

Der Paraboloid hat eben genau diese besondere Eigenschaft, dass alle parallelen Strahlenbündel sich (jeweils!) in einem Punkt treffen. Auf diese Weise sind Offset-Spiegel möglich, die die Fläche der „Schüssel“ besser ausnutzen. Und es sind Multi-Feed-Anordnungen möglich, die es erlauben, mit einem Spiegel mehrere Satelliten zu empfangen.

ReParabolantennechnet man diese speziellen Randbedingungen der Reflexion um, so ergibt sich F für genau parallel zur y-Achse eintreffende Strahlen zu einem Punkt, der vom Reflexionspunkt R auf der Parabel genau gleichen Abstand hat wie die senkrechte Strecke runter zur sogenannten Leitlinie L. Diese verläuft parallel zur x-Achse genau im gespiegelten Abstand zu F.

Da wir aus der Scheitelpunktform wissen, dass die anderen Parameter der Parabel nur die Lage im Koordinatensystem verändern, betrachten wir hier nur noch a. Der Reflexionspunkt, der uns die Berechnung des Brennpunkts am einfachsten macht, ist der mit der gleichen y-Koordinate wie der Brennpunkt. Denn hier ist die Verbindungslinie genau seine x-Koordinate.

$$ y_R = a x_R^2 $$

$$ 2 y_R = x_R $$

Teilen wir die zweite Gleichung durch 2, können wir die rechten Terme gleichsetzen.

$$ a x_R^2 = x_R / 2 $$

Eine sogenannte „pathologische“ Lösung ist also die 0. Uns interessiert die andere:

$$ a x_R = 1/2 $$

$$ x_R = {1 \over 2a} $$

Das nun wieder für y einsetzen und wir enthalten die Koordinate des Brennpunkts. Wie es sich für eine Lösung eines Gleichungssystems gehört, ist es egal, ob wir das in die erste oder in die zweite Gleichung einsetzen.

$$ y_R = {1 \over 4a} $$

Der Brennpunkt F der Normalparabel liegt also bei y=0,25 und der von unserem Beispiel oben bei 0,125 .

Der Reflexionspunkt, der den Strahl genau parallel zur x-Achse reflektiert, muss die Steigung 1 haben. Das ergibt sich aus dem Reflexionsgesetz, dass der Einfallswinkel gleich dem Ausfallswinkel sein muss. Steigung 1 bedeutet einen Winkel von 45°. Schaut man sich die üblichen Parabolantennen an, wird man kaum eine finden, die so weit „herum“ geht. Sie sind viel flacher. Das ist der Grund, warum der sogenannte Feed, also die eigentliche Antenne, meist sehr weit außerhalb der „Schüssel“ angebracht ist.

Hier noch der Source-Code für Gnuplot, um sich die Grafik anzeigen zu lassen:

set xrange [-0.7:0.7]
set yrange [-0.3:0.6]
set key noautotitle
set size ratio -1
set arrow 1 from -0.5,-0.3 to -0.5,0.6 nohead
set arrow 2 from 0.5,-0.3 to 0.5,0.6 nohead
set arrow 3 from 0,-0.3 to 0,0.6 nohead
set label „F“ at .02 , 0.27
set label „R“ at -.48 , 0.27
set label „L“ at -.32 , -0.23
plot (x*x),x-0.25,-x-0.25,0.25,-0.25,0

Ausleuchtung

ParabolantenneEine wichtige Frage zur Parabolantenne ist noch, wie gut der „Feed“ im Brennpunkt die „Schüssel“ ausleuchtet. Aus dem Öffnungswinkel $2 \varphi$ des Feeds kann man sich bei gegebenem a den Durchmesser der Schüssel herleiten. Im Koordinatensystem der Parabel ist der halbe Öffnungswinkel eine Gerade mit der Steigung $ – \cot \varphi $. Der Y-Achsen-Abschnitt der Gerade ist natürlich der Brennpunkt $ F = {1 \over 4a} $. Wir suchen nun den Punkt auf der Parabel, wo diese Gerade die Parabel schneidet. Also setzen wir die beiden Gleichungen gleich.

$$ y = \, – \cot \varphi \, x + F $$

$$ y = a x^2 $$

$$ a x^2 = \, – \cot \varphi \, x + {1 \over 4a } $$

Diese quadratische Gleichung können wir ganz normal wie oben beschrieben lösen.

$$ x = {-\cot \varphi \pm \sqrt {\cot^2 \varphi + 1 } \over 2a }$$

Der Term in der Wurzel ist etwas unschön. Aber es gibt wegen des Satzes des Pythagoras im Einheitskreis für jede trigonometrische Funktion zum Quadrat plus eins einen Ersatz ohne das „+1“. Hier ist es $ 1 \over \sin^2 $. Damit fällt dann auch die Wurzel gleich weg.

$$ x = {- \cot \varphi \pm { 1 \over \sin \varphi } \over 2a} $$

Lösen wir noch den $\cot$ zu $\cos \over \sin$ auf und bringen die beiden Terme auf einen gemeinsamen Nenner.

$$ x= {- \cos \varphi \pm 1 \over 2 a \sin \varphi} $$

Wenn wir vom $\cos$ auch noch 1 abziehen, bekommen wir negative Werte. Diese Lösung ist für uns also unbrauchbar. Und es ist noch zu beachten, dass wir in der Herleitung mit dem Radius der Schüssel und dem einseitigen Öffnungswinkel gerechnet haben. Für den halbierten Öffnungswinkel $\varphi$ ergibt sich der Durchmesser D der Schüssel zu:

$$ D = {- \cos \varphi + 1 \over a \sin \varphi} $$

Da uns der Brennpunkt F eher bekannt ist als das a und man ihn ggf. auch leichter messen kann, formen wir noch passend um:

$$ D = 4 F \, { 1 – \cos \varphi \over \sin \varphi} $$

Bläht man den Ausdruck etwas auf, in dem man das $ \varphi $ durch $ {\varphi \over 2} + {\varphi \over 2}  $ ersetzt, kann man Additionstheoreme anwenden. Und dann blähen wir das noch etwas weiter auf, in dem wir die 1 durch den Satz des Pythagoras im Einheitskreis ersetzen. Das sieht dann erst mal komplizierter aus. Daher lassen wir hier mal konsequent überall das $ \varphi \over 2 $ weg und betrachten nur den trigonometrischen Term:

$$ \sin^2  + \cos^2  – ( \cos^2 – \sin^2 ) \over 2 \sin \cos$$

Im Zähler hebt sich nun +/- cos genau weg und übrig bleibt $2 \sin^2$. Die 2 und ein sin lassen sich kürzen und mit $ \tan = {\sin \over \cos} $ bleibt übrig:

$$ D = 4 F \, \tan {\varphi \over 2} $$

ParabolantenneZur Kontrolle kann man das mit einfachen Zahlen durchrechnen. Nehmen wir auf der Normalparabel mit a=1 also F=0,25 den Öffnungswinkel 90°, also $ \varphi = {\pi \over 4 } $. D ergibt sich zu 0,42. y ist dann auf der Parabel 0,042. Setzen wir das in die Geradengleichung von unserem Öffnungswinkel ein erhalten wir die gleichen Werte und auch oben aus der Grafik der Parabel kann man das ablesen. Hier in der Grafik ist der trigonometrische Term über dem halben Öffnungswinkel im Bogenmaß aufgetragen.

Für kleine Winkel kann man sich den Anfang der Taylor-Reihe ansehen:

$$ \tan {\varphi \over 2 } \approx  {\varphi \over 2} $$

Mit $ \varphi $ im Bogenmaß ergibt sich also für kleine Öffnungswinkel:

$$ D \approx 2 \varphi F $$

Da $\varphi$ nur der halbe Öffnungswinkel ist, ergibt sich der ausgeleuchtete Durchmesser der Schüssel also einfach zu Öffnungswinkel des Feeds mal Brennweite der Schüssel. Größere Öffnungswinkel benötigen mehr Durchmesser als mit dieser Näherung ausgerechnet. Für einen Gesamtöffnungswinkel 180° ergibt sich D zu 4F, da der tan dann gleich 1 ist.

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Kategorien: Technik