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Ein sogenanntes RC-Glied erhält man, in dem man einen Kondensator C über einen Widerstand R lädt. Da genau genommen immer ein Widerstand beteiligt ist, wenn ein Kondensator geladen wird, und wenn es nur der Innenwiderstand des C selbst ist, lohnt es sich etwas davon zu verstehen. Umgekehrt ist auch überall ein Kondensator beteiligt, wo sich Spannungsunterschiede auf Leitern gegenüberstehen.

Nebenbei bemerkt ist auch überall eine Induktivität beteiligt, wo ein Strom durch einen Leiter fließt, aber das soll hier nicht das Thema sein.

Die Ladung Q eines Kondensators C hängt linear von seiner Spannung U ab.

$$ Q = C U $$

Eselsbrücke: „Eine Kuh ist eine Kuh.“

Die Ladung im Kondensator ist der Ladestrom I über die Zeit t integriert; bei konstantem I also einfach das Produkt aus I und t.

$$ I t = C U $$

Die Einheit dieses Produkt aus Strom und Zeit, in Einheiten also Ampere und Sekunde, nennt man auch Coulomb mit dem Einheitenzeichen C. Sie ist im Alltag recht ungebräuchlich. So wird die Ladung von Akkus typischerweise in Ah angegeben. Eine Autobatterie mit 70Ah hätte beispielsweise 252 kC.

Hier muss man auch aufpassen, dass man nicht durch das C verwirrt wird, was normalerweise für die Kapazität genutzt wird. Es kommt immer wieder mal vor, dass ein Buchstabe einmal für eine physikalische Größe und andererseits für eine Einheit genutzt wird.

Über die Spannung integriert bekommen wir die im Kondensator gespeicherte Energie.

$$ \int I t \, dU = \int C U \, dU $$

$$ U I t = P t = E = 1/2 \, C U^2 $$

Das ist nützlich, um zu verstehen, mit welchen Energiemengen wir es in der Praxis am Kondensator zu tun haben. Interessanterweise geht die Energie im Kondensator quadratisch mit der angelegten Spannung.

RC-GliedGehen wir zurück zur Ladung als Strom mal Zeit und teilen durch den Strom, so erhalten wir mit dem Ohm’schen Gesetz die Zeitkonstante $\tau$ des RC-Glieds einfach zu R mal C.

$$ \tau = R C $$

Über eine längere Rechnung erhält man die zeitabhängige Spannung U(t) am Kondensators des RC-Glieds, nachdem eine Spannung U0 vor dem Widerstand angelegt wurde. Hier sei nur so viel gesagt, dass in der Rechnung 1/t integriert werden muss. Das ist der eine Sonderfall bei den Ableitungen und Integralen der Potenzen. Es ergibt sich $ \int {1 / x} \, dx  = \ln(x) $. Dazu wird im weiteren Verlauf der Rechnung die Umkehrfunktion gebildet und so kommen wir dann hier zur e-Funktion:

$$ U(t) = U_0 ( 1 – e^{- t / \tau }) $$

Setzt man die Zeit t gleich $\tau$ = RC so erhält man die Ladung nach der Zeitkonstanten zu:

$$ U(\tau) = U_0 ( 1 – 1/e ) \approx 63 \% $$

Leitet man die Gleichung nach der Zeit ab, so erhält man den Verlauf der Steigung:

$$ {{dU} / { dt}} = U_0 \, { 1 \over  \tau } \, e^{- t / \tau } $$

Legt man eine Spannung U0 an, so beginnt die Spannung am Kondensator U(t) mit der Steigung des Kehrwerts der Zeitkonstante $1/ \tau$ anzusteigen. Würde es mit dieser Steigung weitergehen, wäre der Kondensator nach der Zeitkonstante aufgeladen; siehe die türkisfarbene Linie in der Grafik unten. Stattdessen flacht die Kurve ab, sodass sie nach der Zeitkonstante noch etwa 63 % der angelegten Spannung erreicht.

Wer mag, kann das alles auch mit LT-Spice simulieren. Hier dazu eine einfache Datei als Starthilfe: RC-Glied LT-Spice-Modell. Dazu die Datei in LT Spice laden, das Run-Symbol anklicken und den Messpunkt zwischen R und C anklicken.

Man kann anschaulich sagen, die Spannung, die sich bereits im Kondensator aufgebaut hat, erzeugt einen „Gegendruck“ gegen die weitere Aufladung. Nach der fünffachen Zeitkonstante wird etwa 99 % der angelegten Spannung erreicht. Üblicherweise wird diese Dauer dann als „vollständig geladen“ angenommen. Hier in der Grafik sehen wir den Verlauf für $\tau = 5$ und U= 1:RC-Glied Das entsprechend Umgekehrte geschieht beim Entladen, wenn die Spannung im Widerstand niedriger ist als die im Kondensator. Die Spannung im Kondensator folgt also immer auf die durch die Zeitkonstante definierte Weise e-förmig der angelegten Spannung.

Anwendungsfälle

Zum einen wirkt das RC-Glied wie ein Tiefpass. Auf der Zeitachse betrachtet verändert sich die Spannung einer tiefen Frequenz langsamer als die einer hohen. Das bedeutet, die Zeitkonstante des RC-Glieds ist im Verhältnis zur Periodendauer der Frequenz größer. Einer angelegten tiefen Frequenz kann es also besser folgen als einer höheren. Die Wirkung ist jedoch schwächer als die eines LC-Tiefpass.

Dann kann man diese mathematisch genau definierte „Rampe“ des Spannungsverlaufs als Zeitgeber für einen Oszillator benutzen. Ein Umschalter mit Hysterese („Schmitt-Trigger“) wird über solch ein RC-Glied rückgekoppelt. Die Breite der Hysterese ergibt dann den Teil der Rampe, der durchlaufen wird. Das wird unter anderem im NE555 genutzt.

Gleichzeitig ist die erreichte Spannung auch ein Maß für die Zeitdauer, in der eine Spannung angelegen hat. Sie bildet also das Integral der Spannung über der Zeit. Das lässt sich beispielsweise in einer PLL-Schleife nutzen.

Schließlich ist auch die Phasenverschiebung in einem RC-Glied durch die Wahl der Werte der Bauteile genau festgelegt. Das RC-Glied kann also als Phasenschieber benutzt werden. Das wird auch in dem Störausblender X-Phase angewendet. Der genaue Zusammenhang ist auch in dem oben schon erwähnten Artikel in Wikipedia beschrieben.

Hochpass

Kehrt man den Aufbau um, sodass ein Kondensator direkt an der Signalquelle liegt und über einen Widerstand entladen wird, so erhält man einen Hochpass. Das ist genau äquivalent zum Aufbau von einem LC-Hochpass und einem LC-Tiefpass.

Dieser Hochpass verhält sich dann auch umgekehrt als Differenzierer. Er bildet also die Ableitung bzw. die Steigung des anliegenden Signals.

Regelungstechnik

Integrierer und Differenzierer werden in der Regelungstechnik genutzt. Neben der Ausregelung des direkt proportionalen Fehlers ist es oft auch sinnvoll, die integrierte („aufsummierte“) Zeit, die der Fehler schon anliegt und die Geschwindigkeit des Anstiegs des Fehlers, also seine Ableitung (englisch „Derivative“) in die Regelung einzubeziehen. Man spricht dann zusammen von einem PID-Regler.

 

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Kategorien: Technik