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Wann war der Urknall? Wo hat er stattgefunden? Was bedeutet das für die Größe des Universums?

Manche stellen sich das so vor, dass der Urknall an einem Punkt im Universum vor 14 Milliarden Jahren stattfand und sich seitdem mit maximal Lichtgeschwindigkeit ausgebreitet hat. Wenn das so wäre, hätte das Universum einen Radius von ca. 14 Milliarden Lichtjahren und außerhalb wäre nichts. Diese Ansicht ist wohl nicht korrekt. Es wäre so schwer zu erklären, warum wir mit unseren besten Teleskopen rundum fast identische Strukturen sehen. Es gibt von uns aus gesehen keine erkennbare Mitte dieses Universums. Man müsste also entweder annehmen, dass wir hier auf der Erde die Mitte sind, also der Punkt des Urknalls; oder wohl eher, dass diese Sicht falsch ist und es diesen Punkt des Ursprungs gar nicht gibt.

Man kann sich besser vorstellen, dass der Urknall überall gleichzeitig stattgefunden hat. Die von uns aus beobachtbare Kugel mit einem Radius von 14 Milliarden Lichtjahren ist der Bereich des Universums, der im Laufe des Alters des Universums mit Lichtgeschwindigkeit genug Zeit hatte, Licht zu uns zu senden. Auf diese Weise sind unsere Teleskope gewissermaßen Zeitmaschinen. Alles, was sie aus einer Milliarde Lichtjahren Entfernung optisch empfangen, ist dort vor einer Milliarde Jahren passiert. Und das geht so weiter bis eben das, was wir aus 14 Milliarden Lichtjahren Entfernung empfangen, dort vor 14 Milliarden Jahren geschehen ist, also zum Zeitpunkt des Urknalls.

Nehmen wir also für den Moment an, dass das Alter des Universums über die Lichtgeschwindigkeit auch direkt die Größe der Kugel definiert. Für das, was hier betrachtet wird, ist diese Annahme hinreichend.

Das bedeutet auch, dass etwas außerhalb dieser Kugel existieren kann und es vermutlich auch tut. Aber wir können es nicht nur nicht sehen, sondern es hat auch keine Auswirkungen auf uns, weil jegliche physikalische Wirkung auch noch keine Zeit hatte bis zu uns zu kommen.

Die Skala der Entfernung im Universum ist also gleichzeitig eine Skala für das Alter der Bilder, die wir sehen. Eigentlich ist das immer so, aber auf kurze Distanz spielt das kaum keine Rolle. Das Bild, welches wir vom Mond sehen, ist beispielsweise etwa eine Sekunde alt. Und das Licht, was von der Sonne zu uns kommt, ist 8 Minuten alt. Das sind Zeiträume, die für die Aktualität der Information kaum eine Rolle spielen. Aber im Universum muss man sich darüber klar sein, dass die Sichtbarkeit einer Information erst mal nichts mit einer Gleichzeitigkeit der beobachteten Ereignisse zu tun hat.

Mit den bisherigen Teleskopen kann man nicht sehr tief in diese 14 Milliarden Lichtjahre weit entfernte und 14 Milliarden Jahre alte Wolke aus Urmaterie hineinsehen. Das hat verschiedene Gründe. Der erste naheliegende Grund ist die schiere Entfernung und damit die benötigte optische Auflösung. Unser „Fotoapparat“ hat also kein hinreichend gutes „Tele“. Der zweite Grund ist, dass diese Urmaterie optisch sehr dicht ist. Wir können nicht sehr tief hineinsehen, sehen also nur die Oberfläche. Der dritte Grund ist wieder ein Resultat der Entfernung: Es sind sehr viele optisch aktive Strukturen dazwischen. Wir werden also von all den anderen unermesslich vielen Galaxien dazwischen „photo-bombed“.

Eine Antwort auf diese Herausforderung ist nun das James Webb Space Telescope. Es arbeitet im Infrarot. In diesem Spektralbereich passiert in weiten Teilen des Universums eher wenig, je näher man dem Urknall kommt, aber immer mehr. Wir sehen also genau das für uns interessante. Dazu ist die Auflösung dieses neuen Geräts fantastisch hoch, sodass es auch aus dieser Entfernung noch gut aufgelöste Bilder liefert. Und diese Urmaterie ist im Infraroten weniger dicht. Man kann also tiefer hineinsehen, also mit der „Zeitmaschine“ weiter zurück sehen.

Es gibt hier noch viele weitere Dinge zu verstehen und zu betrachten. Zum einen dehnt sich das Universum aus. Die optischen Informationen, die hier nach einer Milliarde Jahren ankommen, sind also von einem Ort, der sich inzwischen weiter entfernt befindet. Dieser Effekt hat nur zum Teil etwas mit „normaler“ Bewegung zu tun. Das beobachtbare Universum ist fast dreimal so groß als es bei Ausbreitung mit Lichtgeschwindigkeit sein dürfte. Das kann man sich so vorstellen, dass nicht die Objekte im Raum sich voneinander entfernen, sondern sich der Raum selbst vergrößert.

Andererseits ist das Licht durch diese Expansion in den Bereich der roten Wellenlängen verschoben. Das muss berücksichtigt werden, wenn man das Licht gemäß der Planckschen Strahlungsverteilung einer Temperatur zuordnen möchte, oder anhand der Spektrallinien die beteiligten chemischen Elemente bestimmen möchte. Die Mathematik des beobachtbaren Universums ist nicht ganz einfach. Aber vielleicht sind ein paar grundsätzliche Dinge klarer geworden.

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Kategorien: Physik