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Wie beweist man Dinge logisch? Dazu gibt es verschiedene Methoden. Eine davon ist der Beweis durch Widerspruch. Dazu behauptet man genau das Gegenteil von dem, was man eigentlich beweisen möchte und zeigt dann, dass das nicht stimmen kann. Damit das funktioniert muss es natürlich so etwas wie „das genaue Gegenteil“ auch geben. Nehmen wir hier als Beispiel die Behauptung, dass sich die Wurzel von 2 nicht als Bruch darstellen lässt.

Das ist uns heute selbstverständlich, hat aber in früheren Zeiten zu Irritation geführt. Man nahm an, dass alles, was logisch ist, auch irgendwie harmonisch sein muss. Und diese Harmonie sollte sich eben genau in den rationalen Verhältnissen ausdrücken. Wir kennen das heute noch aus der Musik. Für Leute mit einem feinen Gehör klingen rational gestimmte Musikinstrumente besser als z.B. ein Klavier, welches üblicherweise eine irrationale Stimmung hat. Auch dass wir das Wort irrational als Synonym für unvernünftig benutzen, stammt aus dieser Denkweise.

Um zu beweisen, dass $ \sqrt 2 = p/q $ sich eben nicht für ganzzahlige p und q lösen lässt, behaupten wir umgekehrt, dass das eben doch so ist. Brüche kann man kürzen und so können wir hier festlegen, dass p/q bereits gekürzt ist, was bedeutet, dass p und q keine gemeinsamen Teiler mehr haben. Die Gleichung können wir quadrieren und umformen:

$$ \begin{align}
2 & = p^2 / q^2 \ \ \ \  | *q^2 \\
2 q^2 & = p^2  \tag{A}
\end{align}$$

Die linke Seite ist also gerade und damit auch die rechte Seite. Und da nur das Quadrat einer ganzen Zahl auch wieder eine gerade Zahl ergibt, muss also auch p gerade sein. Eine gerade Zahl kann man durch 2 teilen und man erhält eine ganze Zahl, die wir hier r nennen, also p = 2r. Das setzen wir ein und formen weiter um:

$$ \begin{align}
2 q^2 & = (2r)^2 \\
2 q^2 &= 4r^2 \\
q^2 & = 2 r^2
\end{align}$$

Diese unscheinbare Gleichung enthält nun eine Menge „Zündstoff“ für den oben erwähnten Streit in der Antike: Durch Vergleich mit der obigen Gleichung (A) sehen wir, dass die letzte Zeile behauptet, dass auch q gerade sein soll, also durch 2 teilbar ist. Das darf aber genau nicht sein. Wir haben zu Beginn vorausgesetzt, dass p und q keine gemeinsamen Teiler haben, also teilerfremd sind.

Die Annahme, dass die Quadratwurzel von 2 sich durch eine rationale Zahl, also einen Bruch, darstellen lässt, führt logisch zwingend zu einem Widerspruch, muss also falsch sein. Damit ist das Gegenteil war:

Die Wurzel von 2 ist eine irrationale Zahl.

Man könnte argumentieren, die Nebenbedingung, dass der Bruch schon gekürzt ist, könnte eine übertriebene Voraussetzung sein und das Problem wäre ohne diese lösbar. Aber auch das führt nicht zum Ziel. Denn betrachtet man die Abfolge der Gleichungen, sieht man, dass sich dieses Schema unendlich fortsetzen lässt. Dann ändert sich die Aussage zu: p und q müssen unendlich oft durch 2 teilbar sein. Und das ist natürlich unmöglich.

Mit etwas tieferer Einsicht in die Bedeutung der Teilerfremdheit kann man auch noch kürzer aus (A) argumentieren, dass die 2 auf der linken Seite ja irgendwie auch schon in der rechten Seite stecken muss. Und das kann nun wieder nicht wegen der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung sein.

Geometrische Betrachtung

In der Antike war die geometrische Darstellung die übliche Darstellung der Mathematik. Eine Möglichkeit die Wurzel von zwei geometrisch zu erzeugen, ist die Diagonale eines gleichseitigen, rechtwinkligen Dreiecks. Man erhält ein Dreieck, bei dem gemäß dem Satz des Pythagoras $a^2+b^2=c^2$ eben beide Katheten a und b gleich 1 sind und die Hypotenuse c ist die Wurzel aus 2. Nun bedeutet die Formel von oben in dieser Darstellung, dass es nicht möglich ist, durch zwei ganzzahlige Verlängerungsfaktoren p und q die Hypotenuse und die Katheten auf die gleiche Länge zu bringen. Dieser Beweis gelang damals mit den Methoden der klassischen Geometrie nicht. Eine geometrische Darstellung gibt es aber doch. Hier liegt das Ergebnis darin, dass die Konstruktion unendlich oft wiederholt werden kann. Diese Aussage entspricht der unendlich häufigen Teilbarkeit von oben. Das ist jedoch keine zulässige Aussage innerhalb der Geometrie. Das ist also ein Beispiel dafür, dass es an der Wahl des Beweisverfahrens liegen kann, ob ein Beweis gelingt.

Andere Beweisverfahren

Wichtig ist, dass ein mathematischer Beweis logisch sauber durchgängig von exakt definierten Voraussetzungen zu einem eindeutig lesbaren Ergebnis führt. Beweisverfahren gibt es viele. Ein anderes wichtiges ist der Beweis durch vollständige Induktion.

Beweise dürfen aufeinander aufbauen. Alles, was bewiesen ist, darf danach als „gesetzt“ angenommen werden. Hier ist nun wichtig, dass es diese Abhängigkeit nur in eine Richtung geben darf. Das ist so ähnlich wie in der Welt des Programmierens, wo ich eine ein Mal geschriebene Bibliotheksfunktion benutzen kann, um weitere Funktionen zu schreiben. Dabei muss ich mich aber entscheiden, wie herum ich diese Funktionen benutze. Beispielsweise kann ich die Betragsfunktion abs() nutzen, um die Vorzeichenfunktion signum() zu definieren. Ich kann das aber auch genau andersherum machen. Erlaubt ist beides jeweils für sich, aber es muss klar definiert sein, welche Variante man nutzt:

$$abs(x) = x / signum(x) $$

$$signum(x) = x / abs(x) $$

Beides geht nicht. Beim Programmieren wäre das eine Endlosschleife, in der Logik ein sogenannter Zirkelschluss.

Folgerung für die Musik

Um den Kreis zu schließen: Für die Musik bedeutet dies, dass es keine rationale Stimmung mit einfachen Regeln geben kann. Die für die Musik wichtige Verdopplung kann nicht mit einem einheitlichen rationalen Abstand von einem Ton zum nächsten erreicht werden.

Ausgehend von einem Grundton g kann die Verdopplung der Frequenz des Grundtones, also die Oktave, nicht erreicht werden durch eine einheitliche Abstufung über n Zwischentöne, die als Abstand das rationale Verhältnis p zu q haben:

$$ g * ( {p / q} )^n = 2 \, g $$

Das g kann gekürzt werden und die restliche Argumentation geht dann ähnlich wie oben. Am Ende steht dann die Aussage, dass es keine natürlichen Zahlen p und q gibt, die diese “Oktaven-Bedingung” erfüllen; gleichgültig, mit wie vielen Zwischentönen n man arbeiten möchte. Jede musikalische Stimmung enthält also eine gewisse Willkür oder einen Kompromiss. Das macht vielleicht gerade den künstlerischen Reiz des Komponierens aus.

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Kategorien: Mathematik