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Wie rechnet man eigentlich in der Chemie? Wie bestimmt man die Zahlen in einer chemischen Gleichung? Die Mathematik der Chemie nennt man Stöchiometrie. Das Periodensystem ist vielleicht noch bekannt: Die sogenannten Hauptgruppen in den Spalten sind mit Römischen Zahlen von I bis VIII durchnummeriert. Atome haben sogenannte Valenzelektronen, mit denen sich die chemischen Reaktionen abspielen. Das sind die auf den äußeren Schalen. Die Nummer der Hauptgruppe gibt an, wie viele Elektronen dort sind.

Die Elektronen auf den inneren Schalen entsprechen der Elektronenkonfiguration der leichteren Edelgase. Sie werden in der Chemie üblicherweise nicht betrachtet. Lithium Li kann also betrachtet werden wie ein Helium He mit einem zusätzlichen Elektron. Die inneren Elektronen, die dem He entsprechen, werden ignoriert und das eine zusätzliche ist das für die Chemie relevante Valenzelektron.

Und Atome haben das Bestreben, eine sogenannte Edelgaskonfiguration zu erreichen. Das bedeutet so viele Valenzelektronen wie bei den Edelgasen in der Hauptgruppe VIII. Hier besteht sozusagen ein Interessenkonflikt. Das Atom als ganzes „will“ neutral sein. Die Elektronen „wollen“ aber alle ihre Quantenzahlen ausgeglichen haben, was nur in der Edelgaskonfiguration geht. Die Lösung für das Problem ist eine chemische Bindung zwischen Atomen und ein Molekül entsteht. Ein Atom gibt Elektronen ab, um auf die nächst niedrigere Edelgaskonfiguration zu kommen; das andere nimmt die Elektronen, um auf die höhere zu kommen. So sind beide Atome zufrieden und das Molekül als ganzes ist wieder neutral.

Hier noch mal grafisch als Ausschnitt aus einem vereinfachten Periodensystem mit nur den Hauptgruppen-Elementen der zweiten Periode („Zeile“) plus dem Helium aus der ersten Periode. Die Elemente aus den niedrigen Gruppen links geben Elektronen ab und gehen „linksherum“ zum Helium. Die Elemente aus den hohen Gruppen rechts gehen weiter nach rechts zum Neon. Dem Kohlenstoff ist rechts- oder linksherum sozusagen egal.

Stöchiometrie

Dabei immer beachten, dass wir hier nur die Konfiguration der Elektronen in der Atomhülle betrachten. Die Protonen und Neutronen im Kern bleiben gleich und werden hier nicht betrachtet.

Damit das aufgeht, betrachtet man die Anzahlen der Elektronen, die dafür nötig sind. Diese werden „Wertigkeit“ genannt. Ausgehend von der mittleren Hauptgruppe IV gibt es also links die Wertigkeiten +1 bis +3, die Elektronen abgeben und rechts die Wertigkeiten 5−8=−3 bis 7−8=−1, die Elektronen aufnehmen. Der Hauptgruppe IV ist es gewissermaßen „egal“, ob sie die Wertigkeit plus oder minus 4 hat. Um nun zwei Arten von Atomen miteinander zu verbinden, muss die Anzahl der abzugebenden und der aufzunehmenden Elektronen gleich sein. So ergibt sich ein lineares Gleichungssystem.

Nehmen wir als Beispiel Kohlenstoff C in der 4. Hauptgruppe und Sauerstoff O in der 6. Hauptgruppe, so wird ein Kohlenstoff-Atom 4 Elektronen abgeben und ein Sauerstoff-Atom 2 Elektronen aufnehmen wollen, um Edelgaskonfiguration zu erreichen. Man sagt, der Kohlenstoff ist 4-wertig und der Sauerstoff 2-wertig. Damit das aufgeht, benötigt man also 2 Sauerstoffatome pro Kohlenstoffatom, um ein Molekül zu erhalten, in dem alle zufrieden sind.

$$ C + 2 \ O \longrightarrow CO_2 $$

Nun liegt Sauerstoff aber normalerweise selbst schon als Molekül mit 2 Atomen vor, also schreiben wir den Sauerstoff als Molekül:

$$ C + O_2 \longrightarrow CO_2 $$

Der Kohlenstoff wird selten allein vorkommen. Eher haben wir ihn beispielsweise als Propan aus einer Gasflasche am Grill zur Verfügung. Dadurch kommt auch noch eine andere Anzahl an Wasserstoff-Atomen ins Spiel und die Gleichung wird komplizierter. Wir erhalten eine Gleichung mit 4 Variablen k, l, m und n:

$$ k \ \underbrace{CH_3 – CH_2 – CH_3 }_{Propan} + l \ O_2 \longrightarrow m \ CO_2 + n \ H_2 O $$

Schon ohne weitere Rechnung kann man hier eine Sache ablesen: Der Wasserstoff ist so leicht, dass er beim Gewicht näherungsweise vernachlässigt werden kann. Sauerstoff und Kohlenstoff sind näherungsweise gleich schwer.

Das bedeutet: Auf das Gewicht bezogen erzeugt jeder Kohlenwasserstoff, egal ob Holz, Gas, Benzin, Heizöl usw. bei der Verbrennung etwa die dreifache Menge an Kohlendioxid.

Das ergibt ein Gleichungssystem mit nur 3 Gleichungen für unsere Atome C, O und H. Es ist also mit 4 Variablen k, l, m und n unterbestimmt. Das bedeutet, wir haben gewisse Freiheitsgrade bei der Lösung. Allerdings haben wir eine zusätzliche Randbedingung: Wir können hier nur Natürliche Zahlen als Lösung brauchen, weil wir nur mit ganzen Atomen und Molekülen arbeiten können. Wir zählen also die Atome zu jeder Variable und erhalten dieses Gleichungssystem:

$$ \begin{aligned} C&: 3k = m \\
O&: 2l = 2m + n \\
H&: 8k = 2n  \end{aligned}$$

Nun können wir Wolfram Alpha zurate ziehen. Wir erhalten eine Lösung, bei der eine Variable als frei wählbare Konstante erscheint, hier k. An der Lösung sieht man umgekehrt, dass man mit einem guten Blick für Gleichungssysteme das ganze auch leicht „von Hand“ hätte lösen können:

$$ l = 5 k \ , m = 3 k \ , n = 4 k $$

Wir wählen k zu 1, um die kleinste Lösung zu erhalten. Falls in der Lösung keine ganzzahligen Faktoren erscheinen, muss das k so gewählt werden, dass sich als Lösung ganze Zahlen ergeben.

Die Begriffe Konstante und Variable werden hier etwas verwirrend benutzt. Unter Variable verstehen wir hier einen Wert der auf der linken Seite des linearen Gleichungsssystem steht und so vom Gleichungssystem gelöst wird. Eine Konstante bleibt in der Lösung des Gleichungssystems als Teil des Ergebnis stehen und kann danach frei gewählt werden. Eine Konstante im Gleichungssystem wird sozusagen zu einer Variable im Ergebnis.

$$  \underbrace{ CH_3 – CH_2 – CH_3 } + \ 5 \; O_2  \longrightarrow 3 \ CO_2 + 4 \ H_2O $$

Hier ist noch interessant, dass eine große Menge Wasser bei der Verbrennung entsteht. Das ist bei allen Kohlenwasserstoffen ähnlich. Das erklärt, warum Kamine zum einen dazu neigen zu „versotten“, also feucht zu werden. Zum anderen entstehen besonders bei festen Brennstoffen noch einige Nebenprodukte, die zusammen mit dem Wasser eine aggressive Flüssigkeit ergeben und Kamine daher besonders beständig gegen Korrosion sein müssen. Das ist übrigens auch das Unangenehme bei Rauchgasen. Bei Bränden kommen mehr Menschen durch die Rauchgase zu schaden als durch Verbrennungen und Erstickungen.

Neben dieser Art der Bindung gibt es noch weitere. Die bekannteste ist die Metallbindung. Hier teilen sich alle Atome in der Verbindung ihre Elektronen und ein „Elektronengas“ entsteht. Die genaue Stöchiometrie spielt hier keine Rolle und als Nebeneffekt entsteht so noch die metallische Leitfähigkeit.

All diese Zusammenhänge beruhen letztlich auf Bindungsenergien. Der Grund, warum Sauerstoff für sich allein das Molekül O₂ bildet und dann aber in einer Verbrennung doch recht bereitwillig die Bindung mit dem Kohlenstoff eingeht ist, dass die Bindung zwischen C und O enger ist als zwischen zwei O, das O also Energie abgeben kann. Diese Reaktionsrichtung kann man aber nicht pauschalisieren. Bei Quecksilber ist es genau andersherum: Quecksilberoxid gibt bei der Abgabe von Sauerstoff Energie ab und so entsteht metallisches Quecksilber.

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Kategorien: Mathematik