Mastodon Mastodon

Ich hoffe, die Differenzialrechnung ist gut verdaut und es ist Platz im Kopf für noch ein paar mathematische „Kunststückchen“.

Reihenentwicklungen

Mit der Fourier-Reihe haben wir schon eine Reihenentwicklung kennengelernt. Daran, dass diese Reihenentwicklung explizit Fourier genannt wird, kann man sich schon denken, dass es auch andere gibt. Wir haben auch schon eine insgeheim benutzt. Bei der Beschreibung des Eichmarkengebers wären wir ohne sin(x)≈x für kleine x zu keinem Ergebnis gekommen. Mit dieser Näherung haben wir den ersten Schritt einer Taylor-Reihe gemacht. Die Reihenentwicklung nach Taylor wandelt im Prinzip jede beliebige Funktion in eine Summe von Potenzen um. Oft sind Potenzen leichter zu berechnen oder nachfolgende Rechenschritte werden mit Potenzen einfacher.

Aus dieser Reihenentwicklung in Potenzen ergeben sich auch Begriffe, die oft benutzt werden, um Formeln oder Teile davon zu beschreiben:

  • Der Term ohne x hat implizit ein x mit Exponent Null, ist also x0=1. Der Term ist also unabhängig von x. Man nennt ihn also den konstanten Term.
  • Der Term ohne Exponent hat implizit einen Exponenten 1, also x1=x. Er ist direkt von x abhängig. Man nennt ihn den linearen Term.
  • Der Term mit der 2 als Exponent wird er quadratische Term genannt.
  • Die 3 ist dann der kubische Term.
  • Die höheren haben üblicherweise keine Namen. Wenn sie mal gezielt erwähnt werden sollen, nennt man sie eben bei der Nummer ihrer Potenz.

Weitere Tricks DraftBeschränkt man sich beim Sinus auf den Bereich von 0 bis $\pi/2$, so reichen schon 3 Schritte der Taylor-Entwicklung aus, um eine Genauigkeit im %-Bereich zu erreichen. Eigentlich sind es 5 oder einschließlich des konstanten Terms sogar 6. Aber die geraden Terme ergeben sich alle zu null, sodass bis zum 5. Exponenten (oder wenn man so will, sogar bis zum 6.) nur diese übrig bleiben:

sin(x) ≈ x – x3/6 + x5/120

Da der Sinus so schön symmetrisch ist, kann man sich bei Bedarf den gesamten Verlauf der Kurve aus dem Intervall von 0 bis $\pi/2$ zusammenkopieren. Wenn es also beim Rechnen hilfreich ist, wandelt man eine Funktion mithilfe der Taylor-Reihe in Potenzen um.

Vektoren und Matrizen

Bei der professionellen Beschreibung von Bauteilen und Baugruppen begegnen einem immer wieder Begriffe wie Zweitor oder Vierpol und dazu gibt es dann Parameter wie h oder y, die zwei Indexe haben, die immer entweder 1 oder 2 sind. Was hat es damit auf sich?

Ein Zweitor ist so ähnlich wie der Innenwiderstand ein Ersatzschaltbild. Die genauen Details, wie das Bauteil intern wirklich funktioniert, wollen wir gar nicht so genau wissen. Es reicht uns zu wissen, was hinten rauskommt, wenn wir vorn etwas hineintun. Und genau das wird mit 4 Werten erreicht, die man in einem Quadrat aufschreibt. Die vielleicht anschaulichste Form ist die B-Matrix. Sie beschreibt, wie eine Eingangsspannung und ein Eingangsstrom in die Ausgangsspannung und den Ausgangsstrom umgesetzt werden. Dieses „Quadrat“ nennt man eine Matrix. Um nun damit rechnen zu können, schreibt man Spannung und Strom nebeneinander und nennt das einen Vektor. Hier ein Beispiel für einen Transformator mit dem Windungsverhältnis n:

Weitere Tricks Draft

Um die Ausgangsspannung U2 zu erhalten, wird U1 (rot) mit n (rot) multipliziert und dann die grünen Werte I1 und 0 multipliziert und addiert. Die grünen Werte ergeben sich zu null, sodass die Ausgangsspannung wie erwartet einfach Windungsverhältnis mal Eingangsspannung ist. Beim Ausgangsstrom wird jetzt die Eingangsspannung mit 0 multipliziert und fällt weg. Übrig bleibt wie erwartet, dass der Ausgangsstrom der Eingangsstrom geteilt durch das Windungsverhältnis ist. So lassen sich alle möglichen Bauteile und Baugruppen einheitlich beschreiben. Die Matrix eines Impedanzwandlers mit einer Stromverstärkung von 100 wäre z. B. so:

Weitere Tricks Draft

Oder hier die Matrix eines Leistungsverstärkers mit 40dB, also eine Spannungs- und Stromverstärkung von je 100:

Weitere Tricks Draft

Wenn nun die B-Matrix so schön anschaulich ist, warum wird sie dann nicht oft benutzt? In der Praxis hat sich gezeigt, dass es viel einfacher und nützlicher ist, wenn die Elemente der Matrix alle die gleiche Einheit haben. Und genau das ist bei den üblichen H- und Y-Matritzen so. Hier sind alle Elemente Widerstände bzw. alle Leitwerte.

Ein „normaler“ Elektroniker wird seine Schaltungen wohl nur selten so durchrechnen. Aber in der Schaltungssimulation ist es von Vorteil, alle Bauteile im Prinzip auf die gleiche Weise beschreiben zu können. Daher arbeiten Programme wie LTspice intern mit diesen Matrizen.

Drehmatrizen

Ein anderer interessanter Einsatzzweck von Matrizen sind Drehungen. Um z. B. die Position von Himmelskörpern wie Sonne und Mond oder auch Satelliten ausrechnen zu können, ist es hilfreich, die Koordinaten und Richtungen einheitlich und kompakt aufschreiben zu können.

Orts- und Richtungsvektoren helfen hier. Ein Ortsvektor sind die Koordinaten eines Punkts im Raum kompakt zusammengeschrieben. Man kann sich das vorstellen wie ein Pfeil, der auf einen bestimmten Ort zeigt. Dementsprechend ist ein Richtungsvektor ein Pfeil, der z. B. die Blickrichtung zum Mond angibt.

Die Drehung wird mithilfe einer Drehmatrix beschrieben. Die Drehung eines Ortsvektors ist die Multiplikation mit der Drehmatrix. Besonders bei komplizierter zusammengesetzten Rechnungen ist das leichter aufzuschreiben und auch zu verstehen als umfangreiche Verkettungen von Sinus und Kosinus. Wichtig ist dabei zu verstehen, dass eine Drehung nicht die Länge des Pfeils ändern soll. Diese Länge nennt man Betrag des Vektors. Man kann ihn mit dem Satz des Pythagoras ausrechnen. Damit nun eine Matrix den Vektor wirklich nur dreht, muss der Betrag des Vektors vor und nach der Drehung gleich sein. Man sagt eine Matrix, die das erfüllt, hat eine Determinante von 1. Diese Determinante ist gewissermaßen der Betrag der Matrix.

Man wird meist annehmen, dass der Rechenaufwand sinkt, wenn man die Anzahl der Koordinaten so klein wie möglich hält. Beispielsweise wird man prüfen, ob sich eine gegebene Rechenaufgabe in nur zwei Dimensionen lösen lässt, um sich eben die aufwendigere Rechnung in drei Dimensionen zu ersparen. Erstaunlicherweise kam Hamilton 1843 in Dublin auf die geniale Idee, dass die ganze Rechnung einfacher wird, wenn man statt mit drei Dimensionen besser gleich mit vier rechnet. Diese vierdimensionalen Zahlen werden Quaternionen genannt. Praktisch alle 3D-Programme wie Computerspiele, CAD-Anwendungen, Satellitenbahnberechnung oder Astronomieprogramm arbeiten heute auf diese Weise.

Teilen